In Eppstein Heimat für junge Flüchtlinge


Es gibt Kinder, die haben eine Monate lange Odyssee durch viele Länder der Welt hinter sich, wenn sie in Deutschland als Flüchtlinge ankommen - mitunter mutterseelenallein. Kinder, die in ihrer Heimat Krieg, Gewalt, Inhaftierung oder Vergewaltigung erlebt haben und die oft überstürzt ihr Land verlassen mussten. Länder wie Afghanistan, Äthiopien, Eritrea, Pakistan oder Tschetschenien. Die Zahl dieser „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge“ nimmt zu, und so steigt auch die Zahl derer, die der Main-Taunus-Kreis aufnehmen muss.

Das ist auch der Grund, aus dem in der Villa Anna in Eppstein im Oktober eine neue Betreuungseinrichtung eröffnet werden soll. In der „Stationären Jugendhilfe Villa Anna“, so der künftige Name, werden 25 Jugendliche ein neues Zuhause finden: Etwa die Hälfte von ihnen minderjährige Flüchtlinge (männlich und weiblich), die andere Hälfte junge Menschen aus dem Main-Taunus-Kreis, die aus verschiedenen Gründen nicht in ihren eigenen Familien bleiben können. Die jungen suchtkranken Menschen, die derzeit in der Villa Anna leben, werden in andere Einrichtungen des Trägervereins „Jugendberatung und Jugendhilfe“ (JJ) umziehen.
Bisher bei den Nachbarn
Bislang musste der Main-Taunus-Kreis die minderjährigen Flüchtlinge, die ihm anteilsmäßig zugewiesen wurden, in Nachbarkreisen und -städten unterbringen, erläutert Wolfgang Kollmeier, der Jugenddezernent des Kreises. Doch weil die Zahlen ansteigen, gebe es Signale aus dem Rheingau-Taunus-Kreis, Wiesbaden und Groß-Gerau, dass die Einrichtungen auch dort voll sind. Zwischen 2006 und 2010 kamen jährlich ein bis fünf unbegleitete Flüchtlinge im Alter zwischen zehn und 20 Jahren, sagt Thilo Schobes, der Leiter des Amtes für Jugend und Schulen. 2011 waren es bereits 21, 2012 werden es mindestens 26 sein, die der Kreis aufnehmen muss. 16 junge Menschen sitzen bereits jetzt in der Aufnahmestelle in Franklfurt und warten darauf, im Main-Taunus ein Zuhause zu finden.
Kollmeier begrüßt, dass der Verein JJ, bereits in anderen Projekten „zuverlässiger Partner“ des Kreises, als Träger gewonnen werden konnte. Die Kosten erstattet der Bund. Natürlich hätten sie sich gemeinsam die Frage gestellt, ob das Zusammenleben der Flüchtlinge und der hiesigen Jugendlichen mit besonderem Erziehungsbedarf gut gehen könne, sagt Schobes. Sie hätten sich dann ein Projekt angeschaut, in dem das praktiziert werde und gesehen, „dass die sehr voneinander profitieren“.
Ziel: Selbstständigkeit
Ziel ist in jedem Fall, die jungen Menschen auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten. Dazu gehören Alltagsbewältigung, Schul- oder Berufsausbildung und oft auch therapeutische Begleitung. Besonders die Flüchtlinge haben oft so Schlimmes erlebt, dass sie traumatisiert sind. Ziel sei die dauerhafte Integration in unsere Gesellschaft, erläutert JJ-Geschäftsführer Dieter Kunz.
Hier kommt auch die Stadt Eppstein ins Spiel. Die Erfahrungen der letzten 30 Jahre, in denen Suchtkranke in der Villa Anna leben, sehen der Trägerverein wie auch Bürgermeister Peter Reus positiv. „Wir haben die Erfahrung, dass ein Ort wie Eppstein mit seiner kleinteiligen Struktur so eine Einrichtung verkraftet“, sagt Reus. Auch Jugendamtsleiter Schobes spricht von guten Erfahrungen mit Eppsteiner Vereinen, in denen die Jugendlichen zum Beispiel Fußball oder Schach spielen oder beim Burgfest mithelfen. Solche Verbindungen soll es auch in Zukunft geben. Außerdem werden die Jüngeren die Eppsteiner Freiherr-von-Stein-Schule besuchen.
Das Mitarbeiterteam - unter anderem Pädagogen, Psychologen, Arbeitserzieher, Sport- und Bewegungstherapeuten, Krankenpfleger - wird komplett in der Villa Anna bleiben und sich der neuen Aufgabe stellen. Gerade beim Umgang mit Traumata hätten sie schon jetzt Erfahrung, so die JJ-Mitarbeiter, auf andere Herausforderungen wie den Umgang mit verschiedenen Kulturen werden sie sich noch vorbereiten.
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...

 

Minori Stranieri Non Accompagnati © 2015 - Designed by Templateism.com, Plugins By MyBloggerLab.com