Familienzentrum der Awo Perspektiven GmbH für jugendliche Flüchtlinge eingeweiht
In ihrer Heimat herrscht Krieg oder solch schlimme Lebensbedingungen, dass manch einer keinen anderen Ausweg mehr finden kann. Jedes Jahr stranden unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge aus Ländern der ganzen Welt auf Flughäfen und Bahnhöfen des Landes, ohne Visum, ohne Pass und oftmals ohne Perspektive. Allein in Gießen waren es 22 in diesem Jahr.
Um diesen Jugendlichen eine Perspektive zu bieten, ihnen Raum und Schutz, und vor allem eine Zukunft zu geben, gibt es seit dem 22.12.2011 eine Einrichtung der Perspektiven GmbH der Awo in der Marshallstraße 1-3. Im neu eröffneten Familienzentrum ist seitdem eine Hilfeeinrichtung beherbergt, die rund 20 Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahre ein Zuhause bieten kann. Von „Rund um die Uhr“-Betreuung, flexiblem Einzelwohnen bis hin zu Familienwohnen gibt es hier die Möglichkeit für die Jugendlichen, Fuß zu fassen und ein neues Leben fern der Heimat zu beginnen.
Gestern fand die feierliche Eröffnung mit einem bunten Programm statt, teils von den 17 Jugendlichen gestaltet, die momentan in der Einrichtung leben. Eröffnet wurde die Feststunde von den Begrüßungstrommeln der Kulturgruppe „Die Welt“. Nader Madjidian, Einrichtungsleiter der Jugendhilfe der Awo, möchte in der neuen Wohngruppe den jungen Menschen eine Atmosphäre bieten, in der sich die Jugendlichen entfalten und wohlfühlen können.
Neben der schnellstmöglichen Eingliederung mit gezieltem Deutschunterricht und Bildungsplätzen spielen noch andere Komponenten mit. Zum einen die emotionale Stütze, die die Einrichtung geben soll, zum anderen auch die Integration in soziale Strukturen. „Wir möchten einen Boden für die persönliche Entwicklung eines jeden vorbereiteten, ihm Mut und Stärke mitgeben, damit jeder seine individuellen Begabungen voll entfalten kann“ so Madjidian. Auch steht die spätere Vermittlung von Ausbildungsstellen und Berufschancen mit auf dem Programm.
Willy Jost, Vorstandsvorsitzender der Awo-Hessen Süd, begrüßte die zahlreichen Gäste der Eröffnungsfeier und konnte mitteilen, dass die Awo seit rund 25 Jahren sich für die Obhut von Flüchtlingen einsetztt. „Mit dieser neuen Einrichtung sind wir wieder ein ganzes Stück weiter, um Menschen in Not, Obhut und Versorgung bieten zu können.“ Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz sprach von der wertvollen Aufgabe, die die Awo hier übernommen habe, um den Jugendlichen eine Heimat und auch die benötigte „Nestwärme“ zu geben. „Wir leben in einer sehr weltoffenen Stadt, in der jeder willkommen ist“ betonte sie. „Jedem Jugendlichen sollte hier eine Chance gegeben werden.“
Gerhard Merz, SPD-Landtagsabgeordneter und Bezirksvorstand der Awo Hessen-Süd sprach ebenfalls Grußworte und betonte ebenso die Wichtigkeit der Einrichtung. „Die Jugendlichen auf der Flucht haben oftmals eine sehr deprimierende Vorgeschichte, da ist es um so wichtiger, dass hier Menschen und Einrichtungen die gezielte Betreuung und Versorgung übernehmen“ so Merz. Willy Finger, Geschäftsführer der Perspektiven GmbH der Awo Hessen Süd, zeigte zudem die Wirkungsfelder der Einrichtung auf. Neben dem Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit, auf das viele während ihrer Flucht verzichten mussten, möchte die Awo hier auch Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Neben der Integration in bestehende Schulsysteme, sei vor allem die Eingliederung in soziale Netzwerke nötig. Jugendclubs und auch kulturelle Angebote sollen die Möglichkeit bieten, sich mit hiesigen Jugendlichen zu vernetzen und so auch schnell Fuß zu fassen.
Und wie schnell die 17 Jugendlichen aus sieben Nationen untereinander Freundschaft geschlossen haben, konnte man deutlich an dem beeindruckenden Rahmenprogramm sehen. Ob wunderschön gesungen Lieder aus Afghanistan und Sierra Leone, einem orientalischen Freudentanz und dem fast akrobatischen Dancehall aus Afrika, das Gemeinschaftsgefühl war doch deutlich zu spüren nach dieser kurzen Zeit, die die Jugendlichen erst zusammenleben.
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