»Friedrich verhält sich herzlos und kinderfeindlich«

In Brüssel wird heute über Asylverfahren und Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge verhandelt sowie darüber, wer für Asylgewährung zuständig ist – über das also, was in der Dublin-II-Verordnung festgehalten ist. In diesem Kontext hat die EU-Kommis­sion versucht, Verbesserungen für die Flüchtlingskinder zu erreichen, damit die Kinderrechtskonvention der UN endlich europaweit umgesetzt wird. Vor allem wollte sie das Inhaftieren von Flüchtlingskindern in Deutschland, Griechenland und anderen europäischen Staaten endlich beenden – und festschreiben, daß unbegleitete Minderjährige nie inhaftiert werden dürfen. Der Bundesinnenminister will das verhindern. Deutschland will mit Unterstützung anderer Staaten an der schäbigen Inhaftierungspraxis festhalten. Diese Haltung des Bundesinnenministers ist borniert, herzlos und kinderfeindlich.
Wie stellt sich die Situation der Kinder bislang dar?


Die Liste häßlicher Orte in Europa, wo Kinderrechte und Flüchtlingsschutz nicht existieren, ist lang. Minderjährige Flüchtlinge gibt es in den griechischen Lagern an der Grenze zur Türkei ebenso wie obdachlose afghanische Jungen in Athen oder in Rom, Paris und Calais. Diese Orte sind Beleg einer beschämenden europäischen Flüchtlingspolitik, die in jedem Dokument die Kinderrechte zwar hochhält, in der Praxis aber zuläßt, daß Tausende allein fliehender Kinder und Jugendliche entrechtet und schutzlos durch Europa irren. Entlang ihrer innereuropäischen Fluchtrouten werden diese unbegleiteten Minderjährigen erneut Opfer von Menschenrechtsverletzungen.

Auf eigene Faust kämpfen sich diese Kinder durch Europa; einige von ihnen wurden schon sechs- oder siebenmal inhaftiert. Früher war es undenkbar, daß Schutzsuchende inhaftiert werden; heutzutage scheint es selbstverständlich. Manche Kinder irren deshalb jahrelang durch Europa.
Was haben die betroffenen Kinder aufgrund der deutschen Intervention in Brüssel künftig zu befürchten?

Das Bundesinnenministerium will alle bundesdeutschen Standards, die UN-Kinderrechte verletzen, in EU-Richtlinien und Verordnungen überführen. Friedrich argumentiert mit Unterstützung von Frankreich und Spanien, daß die Inhaftierung unbegleiteter Flüchtlingskinder für ein effektives Grenzverfahren notwendig ist. Er setzt sich dafür ein, daß Kinder sowohl beschleunigten Asylverfahren – etwa an deutschen Flughäfen – ausgesetzt werden. Er befürwortet, Minderjährige ab 16 Jahren wie Erwachsene zu behandeln. Selbst Kinder unter 14 Jahren will er im Rahmen des europäischen Verschiebebahnhofs in sogenannte sichere Drittstaaten zurückschicken.
Pro Asyl wirft der Bundesregierung Doppelzüngigkeit vor – was ist damit gemeint?

Während Familienministerin Kristina Schröder (CDU) am 28. Februar in Genf von »einer Vorreiterrolle Deutschlands« sprach und »die große Bedeutung der UN-Kinderrechtskonvention« hochhielt, setzt ihr Kollege Friedrich alles daran, deren Umsetzung im europäischen Asylsystem zu verhindern. Die Bundesregierung will in Brüssel Fakten schaffen.
Welchen Einfluß kann Pro Asyl ausüben?

Schutzrechte müssen im Zentrum stehen. Gemeinsam mit dem Europäischen Flüchtlingsrat und Flüchtlings­iniativen treten wir europaweit insbesondere dafür ein, daß Kinder nicht mehr inhaftiert und dem unmenschlichen Dublin- System unterworfen werden. Wir setzen darauf, daß das Europaparlament Druck im Sinne der Kinderrechte ausübt und seine Zustimmung zu den kinderfeindlichen Vorschlägen verweigert. Und wir setzten auf die Justiz: Der Europäische Gerichtshof und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben bereits Urteile gefällt, die die Flüchtlings- und Kinderrechte stärken.
jungewelt.de
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