SCHLÜCHTERN
Auf Türkisch hieß es „Afiyet olsun“, auf Russisch „Pryatnova appetita“ – unser „Guten Appetit“ erklang in vielen Sprachen im Brückencafé in Schlüchtern. Jugendliche aus verschiedenen Ländern kochten dort.
Moderator Clas Röhl aus Schweden, der schon sehr lange in Deutschland lebt, stellte die Köche und Köchinnen vor, befragte sie zu den Speisen, ihrem Land und ihren Lebensgeschichten. Die afghanischen Jungs sind so genannte „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“, die von ihren Familien in Flieger gesetzt wurden, um den Kriegswirren zu entkommen. Sie leben im Christlichen Jugenddorf (CJD) in Schloss Hausen und haben dort in kurzer Zeit nicht nur sehr gut Deutsch gelernt, sondern auch das Kochen. Denn im fernen Afghanistan gehörte Kochen nicht gerade zu den typischen Männeraufgaben.
Ursula machte deutlich, dass die Deutschen nicht immer so wohlhabend waren wie heute. Auch sie wurde als kleines Mädchen in den Westerwald „evakuiert“, als im Zweiten Weltkrieg in Frankfurt am Main die Bomben fielen. Sie erinnerte sich: „Kartoffelsalat an Weihnachten war für uns etwas ganz Feines.“
Valentina ist mit einem Wolgadeutschen verheiratet und kein Flüchtling. Sie erzählte, „die Kasachen essen Pferdefleisch, dafür gibt es dort zahlreiche Rezepte“.
Kulturelle Bereicherung
Für ihre Nudelsuppe nahm sie Huhn statt Lamm, „das die Deutschen nicht so gerne mögen.“
Ursprünglich entstand das Brückencafé im Streit um den Bau einer Moschee in Schlüchtern. Damals hatte Sabine Dänner in der evangelischen Kirchengemeinde Menschen zusammen gebracht. Da an den Cafétagen immer reichlich für das Büffet gespendet wird, beschlossen die Initiatoren, mit dem Geld Sprachkurse für Flüchtlinge zu finanzieren.
Mittlerweile gibt es in den Räumen der Stadt Schlüchtern acht Lerngruppen. „Das Brücken-Café hat sich in den letzten Jahren von einem interreligiösen zu einem eher interkulturellen Treffpunkt entwickelt“, sagte Dänner, „durch den Sprachunterricht kommen ständig neue Besucher dazu, darunter sind überraschend viele Männer.“ Parallel zu den Veranstaltungen bereitet sie ein Buch vor, das die Rezepte und Geschichten aus „1001 Topf“ festhält.
In ihrer Begrüßung der gut 50 Gäste machte Sabine Dänner deutlich: „Ich sehe unsere ausländischen Gäste nicht nur als Hilfsbedürftige, sondern auch als Menschen, die sich mit Kunst, Literatur und Wissenschaft auskennen und eine Bereicherung für uns sein können.“
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