Die baden-württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat ihre politischen Schwerpunkte für das Jahr 2012 vorgestellt. Ähnlich wie die von ihr definierten Integrationsziele im grün-roten Koalitionsvertrag fallen auch die politischen Vorhaben für dieses Jahr recht deutlich aus. Zuwanderer sollen „mehr Verantwortung für die Zukunft Baden-Württembergs übernehmen“. Dafür bringt das Ressort in Summe 75 Millionen Euro auf – 70 für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen, 5 für integrationspolitische Maßnahmen.
Politische Teilhabe könne in Form des aktiven und passiven Wahlrechts auch für Nicht-EU-Bürger auf kommunaler Ebene erfolgen. Allerdings fehlen hierzu die verfassungsändernden Mehrheiten, weshalb dieses Vorhaben vorerst einmal auf Eis gelegt werde. Die Landesregierung verfolgt nun das Ziel, mehr Migranten für die Einbürgerung zu gewinnen. „Mit einem Ideenwettbewerb starten wir im Frühjahr eine Einbürgerungskampagne im Südwesten“, so die Ministerin. Zudem habe das Ministerium begonnen, die Verwaltungspraxis einbürgerungsfreundlicher zu gestalten. Wo rechtlich möglich, nehme das Land Mehrstaatigkeit hin und erleichtere die Einbürgerung für ältere Menschen, die schon länger in Deutschland leben.
Pilotprojekt für Ausländer bei der Polizei
Weil sich der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund bislang nicht in der Verwaltung widerspiegle, sei es das Ziel der Landesregierung, den Anteil der Migranten bei Auszubildenden und Beschäftigten der Landesverwaltung zu erhöhen. „Die interkulturelle Öffnung ist kein Gnadenakt, sondern ein Beitrag zu einer modernen, kundenorientierten und effizienten Verwaltung“, so die türkischstämmige Ministerin. In Zusammenarbeit mit dem Innenministerium bereite das Integrationsministerium ein Pilotprojekt für die Polizei im Land vor. Gezielt sollen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft oder mit Migrationshintergrund für eine Tätigkeit bei der Polizei gewonnen werden.
Bewegungsfreiheit für Asylwerber
Ministerin Öney kündigte auch einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik an: „Wir wollen weg vom bisherigen Leitmotiv der Abschreckung hin zu einer Aufnahme- und Unterbringungspraxis sowie Leistungsgewährung, die an den Bedürfnissen der Flüchtlinge ausgerichtet ist.“ Besonderes Augenmerk liege auf schutzbedürftigen Personen wie Traumatisierten und unbegleiteten Minderjährigen. Dazu soll das Flüchtlingsaufnahmegesetz novelliert werden. Asylwerber sollen nicht nur „den ungehinderten Zugang zu medizinischer Versorgung“ genießen, sondern auch den ungehinderten Zugang zur Bildungseinrichtungen. Darüber hinaus soll die Residenzpflicht abgeschafft werden, so dass sich die betroffenen Personen nicht nur im Landkreis, sondern im ganzen Land frei bewegen können. Die Abschiebehaft dürfe „nur als letztes Mittel zur Anwendung kommen“ und müsse bei besonders schutzbedürftigen Personen überhaupt ausgeschlossen sein. Abschiebungen in Länder, in denen die Sicherheit und Integration der rückzuführenden Menschen nicht gewährleistet werden kann, will Öney „im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten aussetzen“.
Mehr Migranten im Pflegebereich
Die SPD-Politikerin wirbt auch für mehr Muslime im christlichen Sozialdienst. Dass Caritas und Diakonie oftmals nur Christen einstellten, bezeichnete die Politikerin laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung als „gravierendes Problem“. Eine solche Personalpolitik schließe viele andersgläubige Migranten aus den sozialen Berufen aus. Insbesondere im Pflegeberich seien Caritas und Diakonie die größten Arbeitgeber. Angesichts vieler arbeitsloser Migranten rief Öney zu einer „zeitgemäßen Interpretation“ der Einstellungspraxis auf.unzensuriert.at