Immer mehr minderjährige Flüchtlinge


Die Zahl minderjähriger Flüchtlinge, die in die Steiermark kommen, ist stark gestiegen. Weil sie oft ohne Eltern und schwer traumatisiert sind, ist es für sie aber sehr schwer, Fuß zu fassen. In der Regel sind sie daher auf Hilfe Dritter angewiesen.

In der Fachssprache werden sie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, kurz UMF, genannt. Immer mehr solcher schwer traumatisierten jungen Menschen, die meist auch noch elternlos sind, werden von Schlepperorganisationen in die Steiermark gebracht und müssen sich dort in einem völlig neuen Umfeld zurecht finden.
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Zahl der minderjährigen Flüchlinge in einem Jahr fast verdoppelt

Knapp 200 Registrierungen pro Jahr

Im für Graz zuständigen Amt für Jugend und Familie registrierte man 2010 rund 100 UMF, 2011 waren es 160, heuer allein in den ersten fünf Monaten schon 98, die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan. Von ähnlichen Zahlen berichtet das Flüchtlingsheim der Diakonie in Deutschfeistritz.
Dort beschäftigt sich derzeit ein Gruppenprojekt mit dem Thema Wurzeln. Besonders wichtig sei es dabei, den jungen Menschen nicht neue kulturelle Werte, sondern Vertrauen zu vermitteln, sagt Denes Kovacs, Psychotherapeut: „Wir wollen doch alle Sicherheit haben, Menschen haben, die wir lieben, die uns lieben. Wir wollen gut arbeiten und eine Arbeit haben, die uns Freude macht.“

Auf Patensuche in der Steiermark

Der Verein Zebra in Graz hat dazu das Projekt connecting people ins Leben gerufen. Steirerinnen und Steirer stellen sich als Paten zur Verfügung. „Das heißt, dass diese Jugendlichen gut ankommen können, Begleitung und Unterstützung haben in vielen Situationen, die für sie herausfordernd sind“, sagt Alexandra Köck vom Verein Zebra.
Mit eben einer solchen Patenfamilie hat Charlie Avanrenren aus Nigeria es geschafft, sich in Österreich heimisch zu fühlen: Er kam mit 17 Jahren nach Österreich, seine Eltern verlor er auf der Flucht. Heute ist er verheiratet, hat drei Kinder, eine sozialpädagogische Ausbildung und arbeitet unter anderem als Integrations-Assistent in einem Grazer Kindergarten.
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Gemeinsame Projekte verbinden, wahre Freundschaften gibt es aber nur selten

Am Rande der Kriminalität

Dass manche junge Flüchtlinge diesen Sprung nicht schaffen und in die Kriminalität abrutschen, hat zuletzt der Fall in einem Grazer Flüchtlingsheim gezeigt. Ein 15-Jähriger Afghane stach mit einem Messer auf einen 17-Jährigen Landsmann ein und verletzte diesen schwer - mehr dazu in Messerstich: 17-Jähriger außer Lebensgefahr (7.7.2012).
Der 15Jährige sitzt mittlerweile in der Haftanstalt Graz-Jakomini. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes, sagt Sprecher Andreas Rumpold: „Er selbst gibt an, das getan zu haben, weil ihn das Opfer immer wieder provoziert hat, insbesondere gegen seine Mutter und seine Schwester.“

Keine engen Freundschaften

Die übrigen 40 Heiminsassen seien durch den Zwischenfall noch immer schwer traumatisiert, sagt Heimleiter Jürgen Temmer: „Das größte Problem der Jugendlichen ist, dass sie ohne Angehörige da sind. Dass sie keine vertraute Schulter haben, wo sie sich ausweinen können. Sie haben vielleicht untereinander Freundschaften, aber das sind nicht so enge Freundschaften, dass man sich die Fluchtgeschichten erzählt.“
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