Der Main-Taunus-Kreis hat 20 Jugendliche, die ohne ihre Familien aus ihren Heimatländern nach Deutschland geflüchtet sind, in der „Villa Anna“ in Eppstein untergebracht. Eröffnet hat der Kreis die Einrichtung am 1. Oktober. Die Plätze sind zur Hälfte für „unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge“ bestimmt und zur Hälfte für Kinder und Jugendliche aus dem Main-Taunus-Kreis, die nicht mehr zu Hause wohnen können. Geführt wird die Einrichtung im Auftrag des Kreises vom Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe (ZJS).
Insgesamt ist das Jugendamt des Kreises für 54 „unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge“ zuständig, die unterschiedlich untergebracht sind. „Wenn man die Einzelschicksale betrachtet, ist man fassungslos“, so der Kreisbeigeordnete Wolfgang Kollmeier. „Trotzdem sind die Jugendlichen entschlossen, das Beste aus ihrer Situation zu machen und hier Fuß zu fassen.“
Die Jugendlichen, darunter mehrere Mädchen, kommen unter anderem aus Afghanistan, Somalia, Pakistan und Ghana. Sie nehmen in Frankfurt an einem Deutsch- und Orientierungskurs teil, um danach auf eine reguläre Schule zu wechseln. Die Mehrzahl der minderjährigen Flüchtlinge, die schon länger im Kreis sind, besucht eine Haupt- oder Realschule, 13 absolvieren derzeit eine Ausbildung, etwa als Elektrotechniker, Metallbauer, in der Kranken- oder Altenpflege.
Nach Angaben von Irmela Wiesinger, beim Sozialen Dienst des Kreisjugendamts zuständig für das Thema, sind die Gründe für die Flucht nach Deutschland vielfältig. Sie berichtet vom Fall eines afghanischen Jungen, dessen Vater von den Taliban ermordet wurde. Ein anderer wurde von den Taliban entführt und missbraucht. Ein Junge aus Somalia war auf der Liste, von radikal-islamischen Milizen als Kindersoldat entführt zu werden, nachdem seinem Bruder das Gleiche widerfahren war.
Alle Kreise sind verpflichtet, junge Flüchtlinge aufzunehmen und zu betreuen. Gesorgt wird für Unterkunft, medizinische und schulische Betreuung. Gleichzeitig läuft das Asylverfahren.
„Für uns sind die jungen Leute mit ihrem festen Willen, sich hier zu integrieren, auch eine Chance“, so Kollmeier. Das sei auch das Ergebnis einer Fachtagung, zu der Kreis und der Bundesfachverband unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e. V. jüngst eingeladen hatten. 120 Fachkräfte aus ganz Deutschland waren in den Main-Taunus gekommen, um Lösungen für die pädagogische Arbeit mit jugendlichen Flüchtlingen zu finden.
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